Malavita

von Tonino Benacquista

Eine amerikanische Mafia-Familie aus New York wird mit dem Zeugenschutzprogramm nach Frankreich geschickt. Nach ein paar Stationen in Paris und an der Côte d’Azur (die nur rückblickend erwähnt werden) landen sie in einer Kleinstadt in der Normandie. Natürlich fliegt die Tarnung bald auf, und die Mafia bekommt Wind davon.

Soweit so gut. Ich fand das Buch unterhaltsam und lustig, und hätte ihm eigentlich 3 Sterne verpasst.

Leider hat das letzte Kapitel alles zunichte gemacht, denn durch einen Wechsel der Erzählerperspektive wird der Ausgang des großen Showdowns schon vorzeitig verraten, und ich habe mich um ein spannendes Ende betrogen gefühlt.

Das hat mich wirklich sehr geärgert und habe aus reiner Wut 2 Sterne abgezogen. Ich bin eigentlich nicht so schnell beleidigt, aber diesmal schon.

Ich zähle es trotzdem als meinen Eintrag für Haute Normandie in meiner literarischen Tour de France.

Das Verschwinden der Adèle Bedeau

von Graeme M. Burnet

Dieses Buch ist mein Elsass-Beitrag für die literarische Tour de France. Es spielt in Saint Louis, an der Grenze zur Schweiz und zu Deutschland.

Eine Sache die mir aufgefallen war ist dass sich das Leben in Saint Louis immer in Richtung Frankreich orientiert: obwohl man fast nach Basel rüberspucken kann, fahren Clémence und ihre Freunde zum amüsieren ins 30 Kilometer entfernte Mulhouse, und Manfred sucht Abwechslung in Strassburg, obwohl er auch über die Grenze nach Freiburg fahren könnte. Das fühlte sich für mich typisch französisch an, obwohl der Autor Schotte ist.

Ungewöhnlich ist, dass der Polizeibeamte Georges Gorski erstmal überhaupt nicht in Erscheinung tritt. Stattdessen konzentriert sich die Geschichte auf Manfred Baumann und dessen Leben in Saint Louis. Überhaupt geht es nicht, wie sonst in einem Krimi, mit einer Leiche los, sondern wir begegnen Adèle ganz lebendig. Es gibt zwar auch eine Leiche, aber davon erfahren wir erst später und mit Adèle hat sie nicht so richtig was zu tun.

Eigentlich ist es gar kein Krimi, aber irgendwie doch.

Wo finde ich Bücher mit bestimmten Handlungsorten?

Wer vom Sofa aus auf Reisen gehen will, sollte lesen, keine Frage.

Man kann sich prima treiben lassen und von Buch zu Buch hopsen und einfach abwarten wohin es einen als nächstes verschlägt. Doch was, wenn man gerade von einem spannenden Ort gelesen hat, und mehr davon möchte? Oder der nächste Urlaub schon gebucht ist und man ein passendes Buch mitnehmen will?

Und wer sich, wie ich, auf eine bestimmte, vorher durchdachte Bücherreise begeben will, der braucht Informationen über den Handlungsort.

Wenn ich in Hamburg in einen Buchladen gehe und sage, ich möchte einen Krimi haben der an der Nordsee spielt, dann haben sie mit großer Wahrscheinlichkeit gleich einen ganzen Tisch mit passender Lektüre da. Doch leider werden die wenigsten Buchhändler aus dem Effeff ein Buch empfehlen können, das in Aserbaidschan oder Tuvalu spielt.

Wo also suchen? Weiterlesen …

Die Eleganz des Igels

von Muriel Barbery

Das Buch ist eine seltsame Mischung aus leichtherzigem „aus dem Nähkästchen einer Concierge“ und unsortierten philosophischen Gedanken.

Auf den ersten Blick dachte ich, dass die Philosophie völlig an mir vorbeigehen würde. Ich hatte das Buch zuerst in der Originalfassung auf Französisch angefangen, doch die gewählte Sprache war viel zu kompliziert für mein Alltagsfranzösisch. Den zweiten Versuch habe ich mit der englischen Übersetzung gemacht, und es wurde ein sehr interessantes Lesevergnügen.

Ich habe Kant nicht gelesen, und das Tolstoi-Zitat hätte ich auch nicht als solches erkannt als es fiel, aber die Autorin lässt keinen Leser im Regen stehen sondern sorgt dafür dass jeder die Anspielungen versteht, auch wenn er sich sonst mit Philosophie nicht weiter auskennt. Renees interne Monologe wandern durch alle möglichen Themen, und sie findet immer etwas Schönes, selbst in Kleinigkeiten.

Obwohl es mich am Anfang genervt hat dass Renee ständig unterstellt, die Bewohner ihres eleganten Gebäudes würden auf sie herabsehen, wurde sie mir nach und nach immer sympathischer. Sie ist ein etwas extremes Beispiel dafür, wie sehr sich ein Mensch vor anderen verstecken kann, aber ich glaube ein Stückchen Renee steckt in allen von uns. Die wenigsten Menschen zeigen einem Fremden gleich ihre gesamte Persönlichkeit, und man muss jemanden erst besser kennenlernen bevor man herausfindet wer oder wie derjenige wirklich ist.

Paloma fand ich zu zynisch und zu altklug (und etwas zu belesen) um als 12-Jährige durchzugehen. Andererseits hatte ich mit 12 auch ein Buch mit „wichtigen Gedanken“, also habe ich sie einfach mal so hingenommen. Manchmal wollte ich sie allerdings schütteln und sagen „Kuck mal! Die Sonne scheint, Du hast ein Dach über dem Kopf und deine Familie versorgt dich! Sei doch verdammtnochmal ein bisschen fröhlich!“

Wenn man die Philosophie beiseite lässt, ist es ausserdem auch eine richtig schöne Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft. Ich habe beim Lesen kaum eine Pause eingelegt.